Design-kolumne: Große Kehrwoche im Pool
Von Kostas Medugorac
Als Schwabe ist einem das Schild bekannt, das im Mietshaus jede Woche von Türe zu Türe wandert. „Diese Woche sind Sie an der Reihe“, steht darauf und es bedeutet, dass man die große oder kleine Kehrwoche im Haus zu erledigen hat. Oftmals eine schweißtreibende Tätigkeit und das vor allem, wenn einmal Schnee liegt. Da wünscht man sich einen Roboter, der das für einen erledigt. Für den Pool hat man hier die Qual der Wahl, denn viele Hersteller haben erkannt, dass ein Roboter hier viel Sinn macht und es sich in sauberem Wasser schöner schwimmt.
Wir schauen uns heute die Hersteller aus formaler Sicht an und analysieren Design und Material. Beginnen möchten wir mit dem „Liberty B4“ von Behncke. Der Roboter ist schlüssig gestaltet. Die Formen sind leicht und harmonisch geschwungen. Die Anmutung ist hochwertig und mit geschickt platzierten Akzentfarben erhöht man die Bedienungssicherheit. Das rote Element deutet schnell auf die Touchpoints hin und erleichtert die Handhabung.
Die weiße Haube wird geschickt durch transparente und graue Elemente gebrochen. Die Texturen und das Material sind hochwertig. Eine matte Oberfläche würde noch etwas moderner aussehen und Kratzer eher verzeihen, eine formal geschlossene Antriebseinheit wäre ruhiger. Alles in allem ein sehr schöner solider Entwurf. Bei diesem Modell besonders schön die clevere Steuerung durch den kleinen „Clicker“, mit welchem man den Roboter durch Rasseln an den Beckenrad „rufen“ kann.
Ergonomie und Bedienung neu gedacht
Der „Ultimate Comfort“ von Behnke kommt formal solider daher. Durch den umlaufenden schwarzen/grauen Griff vermittelt er mehr Robustheit. Schöner Nebeneffekt: Das Gerät kann an diesem Bügel frei gegriffen und transportiert werden. Alles in allem wirkt das Housing moderner und dynamischer. Durch den durch Blenden verschlossenen Antrieb aber auch kompakter. Ein sehr schöner Poolroboter in recht zeitlosem Design. Dolphin hat für beide Hersteller unterschiedliche Farbkonzepte entworfen. Wer also etwas mehr Farbe möchte, bekommt dieselben Modelle auch von Bünger & Frese.
Harmonisch aufeinander abgestimmte Farben
Der „Liberty B4“ heißt in diesem Falle „Liberty 400“ und lässt sich ebenfalls sehr intuitiv an den Beckenrand rufen. Das Farbkonzept gefällt uns bei diesem Modell etwas besser als die weiße Variante von Behnke. Die Blautöne sind harmonisch aufeinander abgestimmt und die Akzentfarbe in Mint ist nicht ganz so laut und grell, wie das Rot beim „Liberty B4“. Auch der „M550“ wird in Blau gehalten, in diesem Falle gefällt jedoch der „Ultimate Comfort“ vom Farbkonzept besser. Beide, Behncke und Bünger & Frese, bringen sehr gut gestaltete Poolreiniger auf den Markt, wobei die hervorragende Bedienung und das schlüssige Designkonzept betont werden müssen. Hier müssen nur Sie entscheiden, welche Farbe besser zu Ihrem Setting passt.
Uns gefällt, dass beide auf dieselbe Form zugreifen, das spart Ressourcen bei der Herstellung und vereinfacht die Produktion. Am Ende profitiert oft der Kunde, da durch die höhere Stückzahl attraktivere Preise aufgerufen werden können. Oftmals sieht man dies auch in der Automobilindustrie, wo Hersteller auf dieselben Baugruppen oder Komponenten zugreifen sowie ganze Motoren in unterschiedlichen Marken verbauen.
"Cosmy the Bot" formal einer der Besten
BWT kommt mit einem sehr klaren Farbkonzept und zwei formal sehr unterschiedlichen Entwürfen auf den Markt. Der „P600“ ist ein Roboter, der formal keine Richtung hat. Er wirkt eher wie ein weicher Korb (wenn der doch sehr dominante Griff ausgeklappt ist). Hier treffen weiche und kantige Formen aufeinander. Leider wirkt der „P600“ nicht so harmonisch, wie er wirken könnte.
Im Vergleich zum „Cosmy 250“, ebenfalls von BWT, wirkt er aus der Zeit gefallen. Denn dieser Reiniger ist formal einer der besten hier im Designreview. Hier wurde formal alles richtig gemacht und ein neuer Maßstab für die Mitbewerber gesetzt.
Das Design ist sehr ausgewogen, hat eine hohe Wiedererkennung und die Formensprache ist modern und zeitlos. Das umlaufende blaue Band, die weiße Haube und der graue Antrieb, mit seiner leicht gefasten blauen Abdeckung, sind sehr gute Details. Besonderer Clou: Das umlaufende blaue Band ist in unterschiedlichen Farben bestellbar, so nehmen Sie direkt Einfluss auf die Erscheinung des Reinigers und können ihn individuell auf Ihre Wünsch anpassen. Durch den übergroßen Aufdruck des Produktnamens wirkt das Produkt etwas poppig, was aber in des Gesamtkonzept passt. Sehr schöner Poolreiniger.
Gelungene Poolreiniger von CF
Ebenfalls ein umlaufendes blaues Band hat der „CF 1000 Pro“ von der CF Group. Schön, wie der Griff formal in das Band integriert ist. Die silberne Lackierung des Gehäuses und das dunkle Blau funktionieren gut miteinander. Das Housing ist optisch etwas zu weich und beliebig gestaltet. Hier würde etwas mehr formale Präzision guttun. Der schwarz gehaltene Antrieb nimmt sich zurück und ist solide gestaltet. Ein in Summe gelungener Poolreiniger.
Noch besser gefällt der „CF 2000 Pro“, der durch die Zweiteilung optisch nochmals viel gewinnt. Das Housing in Schwarz nimmt sich mehr zurück, der transparente Deckel harmoniert sehr gut mit dem blauen Band. An diesem Beispiel sieht man, welchen Einfluss die richtige Farbkombination an der Gesamtwirkung hat. So ist der „CF 2000 Pro“ noch ein wenig schöner und stimmiger als der „CF 1000 Pro“.
Der Krieger erinnert an Science-Fiction
Der „X-Warrior X60“ von Fairland erinnert an Science-Fiction. Die rote Linie wirkt dabei beinahe wie ein Sehschlitz in einem Ritterhelm. Der Name Warrior wird formal aufgenommen. Dieser Poolreiniger wirkt am ehesten wie ein Panzer oder Krieger. Die Form ist gut gestaltet, die Aufteilung der Volumen funktioniert sehr gut. Ein ansprechendes Produkt, das formal sehr eigenständig ist. Einzig bleibt die Frage, ob es 2024 noch zeitgemäß ist, ein Produkt „Krieger“ zu nennen.
Der Fluidra „Alpha“ von „Zodiac“ hat sich formal seit unserem Review 2020 nicht verändert. Formale Tricks, wie das Licht durch einen Aufkleber optisch grösser wirken zu lassen. Das Kabel, das direkt aus dem Griffbereich herauskommt und somit die Nutzung und Ergonomie beeinflusst, gefällt nicht.
Gelb bringt Spannung auf den Körper
Insgesamt wären Wiedererkennung und eine eigene Formensprache wünschenswert, vor allem bei einem Hersteller wie „Zodiac“, der für hohe Qualität steht, denn technisch und in der Verarbeitungsqualität rangieren wir hier auf höchstem Niveau. Dass sie es können, beweist „Zodiac“ eindrucksvoll mit dem „RF 5200 iQ“. Das Housing setzt sich aus gespannten Flächen zusammen, welche das Volumen geschickt brechen und eine gute Gestalt erzeugen. Auch die Akzentfarbe Gelb wurde sehr gut eingesetzt und bringt Spannung auf den Körper. Der Griff ist sehr gut integriert und die Antriebseinheit durch eine hochwertig gestaltete Haube verkleidet. Die Form ist zeitgemäß und langlebig. Ein sehr gelungener Poolreiniger und aus Designsicht mit einer der Besten im Review.
Die Topras-Modelle „TopStar Platin“ und „TopStar Silver“ geben formal ein einheitliches Bild ab. Jedoch wirkt die Form nicht mehr der Zeit entsprechend. Die Formen sind zu weich, es wurde versucht, Dynamik in dieses schwach gestaltete Volumen zu bringen. Es ist fraglich, ob je ein Designer die Entwürfe auf dem Tisch hatte. Hier ist viel mehr möglich und im Vergleich zu den Mitbewerbern auch nötig.
Schlüssige Formgebung, schlüssige Farben
Etwas besser, da zumindest farblich minimal moderner, kommt die Poolreiniger-Serie von „Sopra“ daher. Die Modelle sind aber formal dieselben und nicht mehr zeitgemäß. Einzig der „Sopra Classic Light“ hat eine gestalterische Qualität, die gelungen ist. Die Formen sind schlüssig und die Farbgebung ebenso. Warum also so eine Diskrepanz der einzelnen Modelle? Vielleicht kommt da bald etwas Neues auf den Markt… Die Website der Sopra-Reiniger ist sehr gelungen, dort arbeitet man mit sehr schönen Icons und einer sehr guten übersichtlichen Menüführung.
Der Hayward „Tigershark“ belegt den letzten Platz in Sachen Gestaltung. Hier wurde alles falsch gemacht. Von dem organisch gestalteten Griff bis hin zum formalen Chaos der Housings, hier ist nichts von Gestaltungsprinzipien zu erkennen. Ein komplett aus der Zeit gefallenes Produkt, das aber zumindest von den technischen Leistungsdaten und den Features überzeugen kann. Für alle, bei denen die Optik keine Rolle spielt. Das geht deutlich besser.
Wo Licht ist, ist auch Schatten
Wenn man den Fokus auf Funktion legen möchte, macht das der "TT-RB“ von Tosstec deutlich besser. Hier steht optisch die Technik im Vordergrund. Das Produkt hat dennoch durch seine radikale Gestaltung eine hohe Wiedererkennung. Das Tonnenelement in der Mitte des Produkts macht den Reiniger optisch aber etwas sperrig und brachial. Ein Facelift zu sanfteren Linien und weniger kräftige Farben würden hier guttun.
Alles in allem bleibt zu sagen, wo Licht ist, ist auch Schatten. Einige Roboter sind auf hohem Niveau gestaltet, andere legen wenig Fokus hierauf und verzichten wahrscheinlich auf Designberatung bei der Produktentwicklung. Die Leistungsdaten und die Verarbeitung der Produkte überzeugen aber durch die Bank. Am Ende bleibt zu sagen: Die Kehrwoche machen sie alle mit Bravour und manche sehen dabei noch großartig aus.
Der Autor
Kostas Medugorac ist mehrfach preisgekrönter Gestalter aus Stuttgart, Professor für „Produkt-Design“ und Studiengangsleiter für „Technisches Design“ (Technische Hochschule Deggendorf). Er entwarf das neue Layout von SCHWIMMBAD+SAUNA sowie technische Produkte für die Schwimmbadbranche, etwa die Gegenstromanlage „Xanas“ von Fluvo oder die Mess- und Regelanlage „Poolklar Touch“ von WDT. Medugorac ist seit 2004 selbstständig und war von 2005 bis 2020 Geschäftsführer von Dipol Design. In dieser Kolumne bewertet er das Design der zuvor vorgestellten Poolreiniger.