Wellness, die in die Tiefe geht
Die Muskeln sind verspannt, der Rücken zwickt, es friert und fröstelt. In solchen Fällen tut Ihrem Körper eine Wärmebehandlung gut. Das macht die Wellness per Infrarot so nützlich und populär. Das folgende Experten-Interview wärmt Ihr Wissen darüber auf.
Dass Wärme dem Körper gut tut, weiß die Menschheit seit der Erfindung des Lagerfeuers. Unsere technisch versierten Großeltern kannten die wohlige Wirkung von Tiefenwärme: An Mittelohrentzündung erkrankt, wenn verkühlt und verspannt, knipsten sie nur eine Rotlichtlampe an und setzten sich davor. Wenig später ging alles besser.
Mit der Popularisierung der Wellness gelangte das Thema Tiefenwärme unter dem Begriff „Infrarot“ ins allgemeine Bewusstsein. „Infra“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „unter“. Infrarot ist demnach der Bereich nach dem roten Ende des sichtbaren Lichtspektrums.
Wellness in der Infrarotkabine
„Seit den 1990er-Jahren werden Infrarotstrahler zunehmend in der Wellness-Industrie eingesetzt“, weiß Dr. med. Rainer Brenke. Er ist medizinischer Berater des Deutschen Sauna-Bundes. Anfangs vermarktete man damit ausgestattete Kabinen oft als „Infrarotsaunen“. Angesichts der andersartigen Klimabedingungen war dies jedoch nicht zulässig. Heute gibt es einen vitalen Markt für echte Infrarotkabinen sowie für einbau- oder aufstellbare Infrarotstrahler. Denn die Leiden und Gebrechen, die man mit Infrarot zu beheben hofft, werden die Menschheit immer begleiten.
schwimmbad.de: Herr Dr. Brenke, welche Wirkung hat die Infrarotstrahlung auf den menschlichen Körper?
Dr. Brenke: Zunächst muss man wissen: Je nach Wellenlänge unterscheidet man zwischen Infrarot A-, B- und C-Strahlen. Die kurzwelligen A-Strahlen dringen in die Tiefe des Gewebes ein und entfalten dort ihre Wärme-Wirkung. Dabei „durchschlagen“ sie die oberflächlichen Hautschichten und reizen die dort liegenden Temperatur-Rezeptoren so gut wie nicht.
Infrarotstrahlung: A, B oder C?
Bei unsachgemäßer Anwendung kann eine Überdosierung die Folge sein, da das Hitze-Empfinden fehlt. In der Wellness sollten daher Strahler mit einem hohen Infrarot B- und besonders C-Anteil zum Einsatz kommen. Diese langwelligeren Strahlen lösne ein Wärme-Empfinden aus. Infrarot-A sollte dem medizinischen Bereich mit entsprechender Anleitung und Überwachung vorbehalten bleiben.
schwimmbad.de: Welche positiven Effekte haben Infrarotstrahlen auf die Gesundheit?
Dr. Brenke: Es gibt eine Reihe von Effekten, die denen der Sauna ähneln, nach bisherigem Wissen nicht so umfassend sind. Infrarotkabinen tragen Entspannung und zum Stressabbau bei. Auch den Bluthochdruck beeinflussen sie günstig. Und Schmerzen, wie etwa beim Weichteil-Rheuma, lindern sie nachweislich. Eine Stimulation unspezifischer immunologischer Abwehrvorgänge durch die wiederholte milde Ganzkörper-Überwärmung ist ebenfalls denkbar.
Infrarotkabine: Wirkung mit der Sauna nicht zu vergleichen
Ein umfassender abhärtender Effekt wie bei der Sauna dürfen Sie nicht erwarten. Dazu fehlt zum Beispiel die heiße Luft und damit der intensive Reiz auf die Schleimhäute der Atemwege. Und man weiß, dass viele positive Effekte der Sauna an einen Wechsel zwischen Warm- und Kaltreizen gekoppelt sind. Die Infrarotkabine nutzt nur die Wärme.
schwimmbad.de: Welche konkrete Handlungsempfehlungen leiten Sie daraus für den Gebrauch von Infrarotstrahlung in der Wellness ab?
Dr. Brenke: Erkundigen Sie sich nach dem zur Anwendung kommenden Strahlungsspektrum und achten auf einen hohen Anteil von Infrarot-B und C. Wie überall im Leben: Vermeiden Sie Übertreibungen und beachten die Empfehlungen des Herstellers der Infrarotkabine oder des Infrarotstrahlers. Diese variieren je nach verwendeten Strahlern variieren und die erzielten Lufttemperaturen fallen unterschiedlich aus. Bei Übertreibung ist eine Überforderung des Wärme-Haushaltes und des Kreislaufs bei dieser Art der Wellness nicht ausgeschlossen.
Überdosierungen der Strahlung vermeiden!
Nutzt man zudem Strahler mit hohem A-Anteil, so kann das Haut oder Augen schädigen. Noch ist nicht geklärt, welche Wellenlängen bis zu welcher Dosis gesundheitlich unbedenklich sind. Deshalb sind bei Überdosierungen Schäden nicht auszuschließen. Das Nervensystem sollte bei der Nutzung der Infrarotkabine intakt sein. damit man die Hitze auf der Haut durch die Infrarot B- und C-Strahlung spürt und damit eine Überdosierung vermeidet.
schwimmbad.de: Unter welchen Umständen ist die Wirkung der Infrarot-Wellness optimal und unter welchen nicht?
Dr. Brenke: Die zur Anwendung kommenden Infrarotstrahlen können ein unterschiedliches Strahlungsspektrum abgeben. Um Schäden zu vermeiden, achten Sie auf Strahler mit hohem Infrarot C- und geringem Infrarot A-Anteil. Und Übertreibungen bitte vermeiden! Zumal in den letzten Jahren Hautärzte diskutieren, dass Infrarotstrahlen Hautschäden verursachen können. Ähnlich wie die ultravioletten Strahlen der Sonne oder des Solariums. Deshalb wäre der Schutz auf Infrarot auszudehnen.
Haut und Augen in der Infrarotkabine schützen
Allerdings geht es bei den befürchteten Hautschäden in erster Linie um eine Hautalterung und weniger um Hautkrebs wie bei übertriebener Exposition gegenüber ultravioletter Strahlung. Infrarot-A-Strahlung kann bei Überdosierung und Exposition der Augen auch zu Augenschäden führen.
schwimmbad.de: Welches sind die Voraussetzungen, damit Infrarotstrahler ihre Wellness-Wirkung optimal entfalten können?
Dr. Brenke: Im Gegensatz zur Sauna, bei der zwar Wände, Decke und Ofen Infrarotstrahlung abgeben, fehlt bei den reinen Wärmekabinen weitgehend die heiße Luft. Und auch die Sitzflächen geben wenig Wärme ab. Dies führt zur deutlich geringeren Raumtemperatur. Bei der Infrarotkabine erzeugen speziell Strahler die Wärmestrahlung - wie eine Glühbirne. Wobei das Spektrum im Infrarotbereich liegt.
Infrarotkabine ist schnell betriebsbereit
Die unmittelbare Wärme-Erzeugung erfolgt dann im Körper durch die Reaktion der Strahlen mit den Molekülen des menschlichen Gewebes. Und im Gegensatz zur Sauna, in der sich Luft, Wände, Decken und andere Flächen nach Inbetriebnahme des Ofens erst allmählich erwärmen, ist eine Infrarotkabine nach dem Einschalten betriebsbereit.
schwimmbad.de: Welchen Stellenwert nimmt Infrarot in der Wellness und im öffentlichen Bewusstsein heute ein?
Dr. Brenke: Die Infrarotkabine ist kleiner als eine Sauna. Sie lässt sich technisch einfacher betreiben, was im häuslichen Bereich von Vorteil sein kann. Und sie ist schneller betriebsbereit. Das erklärt ihre Beliebtheit gerade im privaten Umfeld.
Die technische Entwicklung ist im Fluss. Die Hersteller entwickeln ihre Produkte immer weiter. Gerade bei den Wärmekabinen sind Neuerungen durchaus zu erwarten. Zum Beispiel, was das Raumklima betrifft. Eine abschließende Bewertung ist derzeit nicht möglich.
Die folgende Bildergalerie zeigt Beispiele von Infrarotkabinen und Infrarotstrahler
Dr. med Rainer Brenke
1952 in Potsdam geboren, ist Medizinischer Berater des Deutschen Sauna-Bundes. Der Facharzt für physikalische Medizin und Rehabilitation sowie für Naturheilverfahren wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Werner-Fritzsche-Sauna-Forschungspreis. Eines seiner Fachgebiete ist die Tiefenwärme als gesunde Wohltat für den menschlichen Körper.